Schadensgutachten: Ersatz von Nebenkosten

Home/home page/Schadensgutachten: Ersatz von Nebenkosten

Schadensgutachten: Ersatz von Nebenkosten

Der Bundesgerichtshofs geht davon aus, dass der Geschädigte vor Beauftragung eines Sachverständigen die Höhe später zur Abrechnung kommender Nebenkosten anhand von Vorgaben des JVEG (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz) zu überprüfen habe. Dieses Gesetz sei bekannt und jedem zugänglich …

Für den Fall, dass Sie die aktuellen Nebenkostensätze gerade nicht im Kopf haben, können Sie die maßgeblichen Vorschriften des JVEG hier finden. Im übrigen sorgen wir aber gerne für Sie dafür, dass Ihnen keine überhöhten Nebenkosten abgerechnet werden.

BGH, Urteil vom 26. April 2016, Az. VI ZR 50/15

Tatbestand

Der Kläger … nimmt die Beklagte … auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall … in Anspruch, … Die volle Einstandspflicht der Beklagten steht zwischen den Parteien außer Streit. … Der Kläger ermittelte voraussichtliche Reparaturkosten in Höhe von 3.326,66 € … . Für seine Tätigkeit stellte er Frau R. insgesamt 787,01 € inklusive 19 % Mehrwertsteuer in Rechnung. Davon entfielen 434,00 € netto auf das Grundhonorar und insgesamt 227,35 € netto auf einzeln ausgewiesene Positionen wie die EDV-Abrufgebühr, Porto, Telefon, Fahrzeugbewertung, Fotos, Fahrtkosten, Schreibgebühren und Fotokopien. Der Haftpflichtversicherer der Beklagten zahlte hierauf vorprozessual 252,50 €.

Gründe

I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger … Ersatz des von ihm abgerechneten Grundhonorars in Höhe von 434 € zuzüglich Mehrwertsteuer verlangen. … (Er) könne … im Rahmen von Nebenkosten nur Ersatz tatsächlich angefallener Aufwendungen beanspruchen.

… Dem Geschädigten stehe ein Anspruch auf Ersatz der tatsächlichen entstandenen Nebenkosten zu, wenn und soweit sie nicht deutlich überhöht seien und dies für den Geschädigten erkennbar sei. … Die vom gerichtlichen Sachverständigen Dipl.-Ing. Dr. P. in mehreren Parallelverfahren durchgeführte Befragung habe gezeigt, dass Kfz-Sachverständige auf dem hiesigen regionalen Markt mit zu unterschiedlichen Preisansätzen abrechneten und auch in der Summe die Angaben der Sachverständigen zu unterschiedlich seien, als dass hieraus ein aussagekräftiger Durchschnitt gebildet werden könne. … Abgesehen davon zeigten die Ergebnisse seiner Begutachtung ebenfalls eine erhebliche Bandbreite von zu erwartenden Nebenkosten. Danach sei in einem vergleichbaren Fall je nach Sachverständigen mit Nebenkosten zwischen 0 und 266,22 € zu rechnen. Dies bestätige die Feststellung einer zu uneinheitlichen Abrechnungspraxis.

Maßstab für eine Überhöhung der Nebenkosten sei zunächst die eigene Einschätzung des Geschädigten von den bei der Begutachtung zu erwartenden Aufwendungen. (Er) müsse … im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebotes eine Plausibilitätskontrolle durchführen. Daneben habe der Gesetzgeber mit dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) eine Orientierungshilfe geschaffen, die bei der Bemessung der Angemessenheit von Nebenkosten auch im Rahmen der Überprüfung von Nebenkostenabrechnungen privater Sachverständiger herangezogen werden könne.

… Da das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz für jedermann mühelos zugänglich sei, bilde es zugleich einen Rahmen dafür, welche Nebenkosten für einen Geschädigten im Einzelfall erkennbar überhöht seien. Ein Geschädigter dürfe im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle Nebenkosten eines Kfz-Sachverständigen jedenfalls dann nicht mehr für erforderlich halten, wenn die hierfür vorgesehene Vergütung nach den Regelungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes um mehr als 20 % überschritten werde.

… Eine Ausnahme gelte lediglich für die Beurteilung von Fahrtkosten eines Sachverständigen. Die Regelung in § 8 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 JVEG, wonach lediglich 0,30 € pro Kilometer vorgesehen seien, orientiere sich nicht an den tatsächlich entstandenen Kosten, sondern an der Höhe der steuerlichen Anerkennung privat genutzter Fahrzeuge. Anhand der von verschiedenen Anbietern erstellten Autokostentabellen – etwa der ADAC-Autokostentabelle – schätze die Kammer die tatsächlich entstandenen Kosten auf einen Kilometersatz von 0,70 €.

Erstattungsfähig seien darüber hinaus Fremdleistungen, die der Sachverständige selbst in Anspruch genommen habe und die ihm seinerseits in Rechnung gestellt worden seien. Dementsprechend seien auch Aufwendungen für die Inanspruchnahme von Dritten wie z.B. die „EDV-Abrufgebühr“ und die „Fahrzeugbewertung“, soweit sie unstreitig oder nachweislich tatsächlich angefallen seien, als erforderlich anzusehen. Die im Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz vorgesehenen Beträge für die Anfertigung von Fotos decke nicht nur die Kosten für das Aufnehmen der Lichtbilder, sondern auch die Kosten für deren Verwertung im Gutachten und deren Ausdruck/Kopie ab. Für die mit Fotos bedruckten Seiten des Gutachtens fielen deshalb zusätzliche Schreibkosten nicht an. Nach diesen Grundsätzen könne der Kläger die Erstattung von Fahrtkosten in Höhe von 18,90 € (27 km x 0,70 €), Druckkosten mit Schreibkosten in Höhe von 16,80 € (12 Seiten x 1,40 €), Kopierkosten ohne Schreibkosten in Höhe von 18 € (36 Seiten x 0,50 €), Fotokosten in Höhe von 24 € (12 Fotos x 2 €), Kosten für die Anfertigung eines 2./3. Fotosatzes in Höhe von 6 € (12 Fotos x 0,50 €), die Kostenpauschale für Porto/Versand und Telefon in Höhe von 15 €, die EDV-Abrufgebühr in Höhe von 20 € sowie die Kosten für die EDV-Fahrzeugbewertung in Höhe von 20 € netto verlangen. Ein Anspruch auf Ersatz von Fahrtkosten scheitere nicht daran, dass das beschädigte Fahrzeug fahrbereit und verkehrssicher gewesen sei, so dass die Geschädigte selbst zum Kläger hätte fahren können. Denn diese habe als Laie nicht verlässlich einschätzen können, ob und inwieweit die Unfallbeschädigung die Verkehrssicherheit ihres Fahrzeugs tatsächlich beeinträchtigt habe. …

By | 2017-02-12T14:13:33+00:00 Februar 12th, 2017|Allgemein|0 Comments

About the Author: